Führung und Delegation

Für Führungskräfte ist es geradezu überlebenswichtig, die Kunst der Delegation zu beherrschen. Nur wer gekonnt delegiert, liefert professionelle Projekte ab und bleibt dabei gesund und leistungsfähig.

Doch häufig haben Führungskräfte so manche Not beim Delegieren. So zeigt auch das Beispiel von Herrn C typische Schwierigkeiten, die beim Delegieren auftreten können.

Herr C. ist Ingenieur und arbeitet seit 18 Monaten als Führungskraft bei einer Firma, die Triebwerke für Flugzeuge herstellt. Sein Team ist zuständig für die Qualitätssicherung beim Testen von Triebwerken.

Herr C. war mit der Leistung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unzufrieden  Als er seinem Chef von dieser Unzufriedenheit mit seinem Team und seiner eigenen Überlastung berichtete, regte dieser ein Coaching an.

Im Erstgespräch beschrieb Herr C. die Situation folgendermaßen: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in seinem Team seien nicht in der Lage, Aufgaben eigenverantwortlich zu übernehmen. Sie würden immer nur genau das machen, was man ihnen auftrüge und nicht darüber hinaus denken. Wenn sie dann Ergebnisse ablieferten, seien diese nicht in der Qualität, die Herr C. erwarte.

So musste Herr C. im letzten Jahr immer öfter. Projekte selbst übernehmen. Durch die hohe zeitliche Belastung wurde das Delegieren von Aufgaben immer schwieriger, weil Herr C. gar keine Zeit mehr hatte die Aufgaben detailliert zu erklären.

In der Analyse der Situation des Herrn C. wurden folgende  Problemkreise deutlich:

1) Erwartungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Herr C. ist seit 9 Jahren im Geschäft und gilt als anerkannter Experte. Er erwartet als Führungskraft von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass sie fachlich genauso gut sind wie er, und zwar unabhängig davon, wie lange sie schon mit ihren Aufgaben betraut sind. Besonders für die Berufseinsteiger und Quereinsteiger im Team ist es jedoch kaum möglich, den Qualitätsansprüchen von Herrn C. zu genügen. Die Schlussfolgerung von  Herrn C. daraus war: „Dann muss ich es eben selber machen.“

2) Kommunikation mit dem Team

Herr C. hat seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutlich gezeigt, dass er mit ihren Leistungen unzufrieden ist. Wenn diese Aufgaben nicht zur Zufriedenheit von Herrn C. erledigt hatten, wurden ihnen diese entzogen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, aus Angst Fehler zu begehen, nur noch das Nötigste gemacht und nur auf konkrete Anweisungen hin gehandelt.

Im Coaching habe ich Herrn C. nahegelegt, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Teammeeting offen zu fragen, warum sie so wenig eigeninitiativ seien und was passieren müsste, damit sich dies ändert.

Für Herrn C. war diese Sitzung ein großes Wagnis. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben seine Gesprächsinitiative mit großer Offenheit belohnt. Sie haben ihm zurückgemeldet, sie hätten das Gefühl, Herr C. möchte alles unter Kontrolle behalten und würde ihnen wenig zutrauen. Dies habe sie dazu gebracht, nur noch auf ganz konkreten Aufträge hin zu handeln.

Herr C. freut sich über die Offenheit der seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und ist zugleich bestürzt darüber, wie wenig Wertschätzung diese von ihm erfahren.

Im Verlauf des Coaching habe ich mit Herrn C. erarbeitet, wie er den Delegationsprozess effektiver gestalten kann. Ziel war es, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Lernprozess in Gang zu setzen, wenn sie bestimmten Aufgaben noch nicht gewachsen sind.
Zudem sind wir sein Team im Einzelnen durchgegangen und haben für jede einzelne Mitarbeiterin und jeden einzelnen Mitarbeiter erarbeitet, welcher Führungsstil zu den besten Ergebnissen führen sollte, konkret, welcher Mitarbeiter klare strukturierte Anweisungen benötigt und welche Mitarbeiterin mit mehr Freiraum bessere Arbeitsergebnisse erzielt.

Am schwierigsten war es für Herrn C. zu akzeptieren, dass nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „110%“ der Leistung bringen, sowie er das selbst von sich erwartet. Auch in dieser Hinsicht musste Herr C. seinen Perfektionismus in Frage stellen.

Vier Monate nach Beginn des Coaching hat sich das Verhältnis von Herrn C. zu seinem Team deutlich verbessert. Er hat Senior Mitarbeiterinnen und-Mitarbeitern deutlich mehr Verantwortung übertragen und auch einigen jungen Kollegen und Kolleginnen ausgewählte Aufgabenbereiche übergeben, in denen sie in abgesteckte Rahmen eigene Entscheidungen treffen können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zufriedener, und Herr C. ist deutlich entlastet. Zuweilen hat er immer noch Probleme, Kontrolle abzugeben,; er weiß jedoch inzwischen welche Wirkung übertriebene Kontrolle auf seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat und kann sich deshalb zurückhalten

Tipps für Führungskräfte zum Thema Delegation:

  1. Delegieren Sie frühzeitig! Viele Führungskräfte fangen mit dem Delegieren erst an, wenn sie selbst in der Arbeit ersticken. Dies ist nicht sinnvoll, weil der Delegationsprozess zunächst noch mehr Zeit in Anspruch nimmt und erst mittelfristig zu Entlastung führt.
  2. Beachten Sie beim Delegieren folgendes Vorgehen:
    Zielvereinbarung:
  • Klare Definition der Aufgabe und der Ziele
  • Messbare Kriterien für die Erreichung des Ziels
  • Festlegung eines Controlling Termins
  1. Controlling:
  • Vergleich von Ist und Soll anhand der festgelegten messbaren Kriterien
  1. Bei kritischen Abweichungen:
  • Ursachenermittlung
  • Gegensteuernde Maßnahmen
  1. Hören Sie in sich hinein und überprüfen Sie Ihre Haltung zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Es ist zielführend zunächst einen Vertrauensvorschuss einzuräumen und eine anerkennende Grundhaltung einzunehmen. Dies spornt Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr an als Kritik und Misstrauen.
    Bei der Auswertung der erreichten Ziele (der Ergebnisse) ist es wichtig, eine fehlertolerante Haltung an den Tag zu legen. Nur wer Fehler machen darf, kann aus Ihnen lernen.
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