Zunächst bringt man diese beiden Begriffe nicht zusammen. Digitalisierung verbindet man mit jungen, unaufmerksamen Menschen, die mit dem Smartphone am Ohr in Notebooks tippen oder Anweisungen über digitale Plattformen geben. Achtsamkeit dagegen wird immer noch oft mit gütigen Mönchen oder auf Kissen sitzenden Hippies assoziiert. – So die Klischees.
Andererseits ist Achtsamkeit hip und hat Eingang in den Mainstream gefunden. Unternehmen wie SAP, Bosch oder Google schulen ihre Mitarbeiter*innen in entsprechenden Programmen.
Meine These: Achtsamkeit ist eine Antwort auf die Schattenseiten der Digitalisierung.
Über die Nebenwirkungen der digitalen Arbeitswelt ist inzwischen vieles bekannt: Konzentrationsschwäche, mangelnde inhaltliche Substanz in der Arbeit und Fehlerhäufigkeit durch Multitasking. Auch nehmen Burnout-Phänomene zu, bei denen Informationsflut und ständige Erreichbarkeit eine Rolle spielen.
Was ist aus der Perspektive von Achtsamkeit das Problem mit digitalen Medien? Viele Menschen nutzen diese in einem Modus des sogenannten Autopiloten. Häufig nehmen sie gar nicht wahr, wie oft sie das Smartphone in die Hand nehmen, um Nachrichten zu lesen oder die neuesten Posts in den Social-Media-Kanälen zu checken. Im Internet ist die Verführung groß, sich von Link zu Link treiben zu lassen.
Ein Anliegen von Achtsamkeit ist, Konzentration und Bewusstsein in alltägliche Handlungen zu bringen, um sich wieder fokussieren zu können und somit Wahl- und Entscheidungsfreiheit zu erlangen. Dadurch, dass man merkt, was man tut, ist es möglich, eine bewusste Wahl zu treffen. Zum Beispiel zum Smartphone zu greifen, dann das zu tun, was man tun wollte, und schließlich das Smartphone wieder wegzulegen. Oder im Internet zu recherchieren, sich aber durch die Fülle von Angeboten und Informationen nicht von seinen ursprünglichen Absichten abbringen zu lassen. Und sich damit zielorientiert und fokussiert im Netz zu bewegen. Ebenso sich zu entscheiden, wann man erreichbar und online sein möchte und wann nicht.
Achtsamkeit hilft uns, aus dem Autopilotmodus auszusteigen. Durch das verstärkte Trainieren der Wahrnehmung von Körper, Geist und Emotionen bekommen Menschen schnell mit, was ihrer Aufmerksamkeit förderlich ist – und was hingegen ablenkt und verwirrt. In diesem Sinne schult Achtsamkeit einen bewussteren und damit auch gesünderen Umgang mit digitalen Medien.
Tipps im Umgang mit digitalen Medien
- Schreiben Sie einen Tag lang auf, wann und wie lange Sie digitale Medien nutzen. Das erhöht Ihr Bewusstsein für Ihre Mediennutzung. Dies ist eine Voraussetzung, wenn Sie Ihr Medienverhalten verändern möchten.
- Verschreiben Sie sich mehrere Stunden digitale Abstinenz am Tag. Insbesondere, wenn Sie Sie sich konzentrieren müssen. Wenn Ihnen eine mehrstündige Abstinenz schwer fällt, beginnen Sie mit einer Stunde.
- Probieren Sie einmal aus, sich vor einer Nutzung digitaler Medien Ihre Absicht klar zu machen. Verfolgen Sie dann auch nur diese eine Absicht. Lassen Sie sich nicht von anderen Angeboten ablenken. Nehmen Sie bewusst und ohne zu werten wahr, was Sie erleben.
- Erlauben Sie Ihrem Gehirn, Leere und Langeweile auszuhalten. Füllen Sie nicht alle Warte- und Übergangssituationen mit Ablenkung durch digitale Medien.
- Nehmen Sie an einem Achtsamkeitstraining teil, wenn Sie das Gefühl haben, das „Nichts-Tun“ vollkommen verlernt zu haben. Achtsamkeit schult diese Fähigkeit.