Wie du die Signale deines Körpers verstehen lernst
Stress. Das Wort allein kann schon Unbehagen auslösen. Wir verbinden es oft mit negativen Gefühlen, Überforderung und dem Gefühl, in einer Abwärtsspirale gefangen zu sein. Doch was, wenn Stress nicht dein Feind ist, sondern ein wichtiger Verbündeter? Dein Körper sendet dir mit Stress- und Erschöpfungssymptomen wertvolle Signale. Die Kunst ist es, diese zu erkennen und richtig zu deuten, bevor sie dich aus der Bahn werfen.
Sarahs Weg in die Erschöpfung: Eine Geschichte, die viele kennen
Vielleicht kennst du das Gefühl: Du bist ständig unter Strom, jonglierst berufliche und private Anforderungen, und irgendwann fühlst du dich einfach nur noch ausgelaugt. So ging es auch Sarah. Sie ist 46 Jahre alt, Journalistin in der Politikredaktion eines Online-Nachrichtenmagazins und Mutter von zwei Töchtern, Lenja (11, mit ADS) und Carolin (15, in der Pubertät). Mit ihrem Lebensgefährten Nils teilt sie zwar ihr Zuhause, aber nicht immer die Ansichten über die Kindererziehung, was zusätzlich zu Konflikten führt.
Seit über anderthalb Jahren fühlte sich Sarah zutiefst ausgelaugt und erschöpft. Die Doppelbelastung war immens: Ihr anspruchsvoller Beruf forderte sie extrem. Als einzige Frau im Team hatte sie ständig das Gefühl, um Anerkennung kämpfen zu müssen. Der Druck, Kontakte zu pflegen und stets auf dem neuesten Stand zu sein, bedeutete viele Abendveranstaltungen – ein echter Kampf gegen ihren eigenen Biorhythmus. Und obwohl die Kinder die halbe Woche beim Vater waren, kostete sie die Verantwortung für die beiden Mädchen enorme Kraft.
Sarah war äußerst diszipliniert. Gegen ihre zunehmende Erschöpfung kämpfte sie tapfer an. Jeden Morgen stand sie auf und ging zur Arbeit. Wenn die Kinder im Bett waren, schrieb sie oft noch bis tief in die Nacht Artikel fertig. Ihre Kraft nahm stetig ab, doch sie ignorierte die Warnsignale. Wenn sie doch einmal ein paar Stunden frei hatte, konnte sie diese Ruhe kaum aushalten. Stattdessen versank sie in sozialen Medien oder schaute Netflix-Serien – rückblickend sagt sie selbst, um ihre Erschöpfung nicht fühlen und den immer größer werdenden Stress nicht wahrnehmen zu müssen.
Eines Tages konnte Sarah dann nicht mehr aufstehen. Sie weinte nur noch. Nichts ging mehr, und sie musste sich krankschreiben lassen. Ihre Hausärztin diagnostizierte eine Erschöpfungsdepression mit der Zusatzdiagnose Burnout. Sarah brauchte lange, um wieder in ihre Kraft zu kommen. Sie war drei Monate krankgeschrieben, absolvierte anschließend eine Rehabilitationskur und danach ein Coaching zum Wiedereinstieg.
Sarahs Geschichte ist wie viele Geschichten von Menschen mit einem Burnout: komplex und individuell. Was ich in meinen Beratungen jedoch sehr häufig sehe, sind Menschen, die ihre Erschöpfung lange Zeit nicht wahrnehmen wollen, die dagegen ankämpfen und immer weitermachen, lange über die eigenen Grenzen hinausgehen, weil sie so gerne durchhalten wollen.
Warum wir Stress-Signale oft überhören
Es ist verständlich, dass wir uns von unangenehmen Gefühlen wie Erschöpfung ablenken wollen. Niemand mag es, sich energielos und überfordert zu fühlen. Die „Strategien“ des Nicht-Fühlens sind vielfältig: Arbeit, Social Media, Essen, Alkohol, ständige Aktivität. Doch genau hier liegt das Problem: Nicht die Erschöpfung selbst ist das Problem, sondern unsere Unfähigkeit, sie wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren.
Stell dir vor, dein Körper wäre ein Kontrollpanel mit Warnleuchten. Wenn eine Lampe aufleuchtet, weil der Öldruck zu niedrig ist, ignorierst du sie doch auch nicht, oder? Du verstehst es als Signal, handelst und füllst Öl nach. Genauso ist es mit Stress und Erschöpfung. Sie sind wertvolle Hinweise deines inneren Systems, die dir sagen: „Achtung, hier braucht es etwas!“
Stress als dein innerer Kompass: Was die Signale bedeuten
Dein Körper ist weise. Er sendet dir Botschaften, um dich zu schützen und in Balance zu halten. Wenn du diese Signale bewusst wahrnimmst, kannst du proaktiv handeln, anstatt in den Durchhaltemodus zu verfallen, der oft ins Burnout führt.
Typische Signale, die dein Körper sendet:
- Körperlich: Anhaltende Müdigkeit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Verspannungen, Verdauungsprobleme, erhöhte Infektanfälligkeit.
- Mental: Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit, kreisende Gedanken, innere Unruhe, Reizbarkeit.
- Emotional: Niedergeschlagenheit, Motivationsverlust, Angstgefühle, das Gefühl der Überforderung, Traurigkeit, Gefühl der Leere.
Diese Symptome sind keine Schwäche, sondern ein dringender Appell deines Körpers, genauer hinzuschauen und dir das zu geben, was du wirklich brauchst: Ruhe, Bewegung, Nahrung, Austausch oder eine Pause.
Lerne, deine Stress-Signale zu verstehen – und zu handeln
Der erste Schritt ist immer die bewusste Wahrnehmung. Erst wenn du erkennst, wie es dir wirklich geht, kannst du eine heilsame Antwort auf deine Erschöpfung finden, die dich bei der Regeneration unterstützt.
Deine Checkliste für mehr Achtsamkeit im Alltag:
Wie geht es dir? Kannst du wahrnehmen, wie es dir wirklich geht?
- Regelmäßiger Scan: Nimm dir täglich ein paar Minuten Zeit, um bewusst in deinen Körper hineinzuspüren. Wo spürst du Anspannung? Wo fühlst du dich leicht?
- Körperwahrnehmung fördern: Aktvitäten wie Yoga, Meditation, Breathwork, Tai-Chi oder einfache Spaziergänge in der Natur unterstützen dich dabei, wieder in Kontakt mit deinem Körper zu kommen.
- Gefühle benennen: Gestehe dir ein, wenn du erschöpft oder gestresst bist. Benenne diese Gefühle in Gedanken. Das schafft Distanz und Klarheit.
- Die magische Frage: Frage dich in Momenten der Erschöpfung: „Was brauche ich jetzt gerade?“ Höre auf die leise Antwort deines Inneren.
- Heilsame Antworten finden: Wenn du Erschöpfung fühlst, wähle bewusst eine Reaktion, die dich nährt – sei es eine kurze Pause, ein Glas Wasser, ein Gespräch mit einem vertrauten Menschen oder gezielte Entspannung.
Die Erschöpfung ist nicht dein Feind. Sie ist ein Signal deines weisen Körpers, das dich einlädt, innezuhalten und besser für dich zu sorgen. Wenn du lernst, diese Signale zu verstehen und frühzeitig zu handeln, stärkst du deine Resilienz und vermeidest, in eine tiefe Erschöpfung zu rutschen.
FAQ’s zum Thema Stress & Erschöpfung:
Warum merke ich oft erst so spät, dass ich erschöpft bin?
Viele Menschen sind mit ihrer Aufmerksamkeit primär im Außen und versuchen, allen Anforderungen gerecht zu werden. Der „Funktionsmodus“ und Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol ermöglichen es uns, auch bei Müdigkeit weiterzumachen. Dieses System ist bei akuter Gefahr hilfreich, bei Dauerbelastung führt es jedoch dazu, dass wir unsere eigenen Grenzen ignorieren.Verstärkt Ablenkung (z.B. Fernsehen, Social Media) das Problem?
Ja, oft. Obwohl wir das Gefühl haben, uns zu entspannen, bleibt unser Nervensystem bei Bildschirmaktivitäten oft im Funktionsmodus. Der Körper entspannt nicht wirklich, und wir verlernen, innere Ruhe auszuhalten. Das führt dazu, dass wir immer neue Ablenkungen suchen, anstatt wirklich zur Ruhe zu kommen.Was hilft bei chronischer Erschöpfung?
Chronische Erschöpfung ist komplex und individuell. Der erste und wichtigste Schritt ist die bewusste Wahrnehmung der Erschöpfung. Hilfreich sind oft körperliche Bewegung (die dich erdet, z.B. Spaziergänge in der Natur, Klettern), Meditation und alle Tätigkeiten, die dich ganz ins Hier und Jetzt bringen. Bei chronischer Erschöpfung neigt der Geist oft dazu, in die Vergangenheit zu schweifen und sich in negativen Gedanken und Sorgen zu verlieren. Hier hilft das bewusste Ankommen im Moment.Wann sollte ich mir professionelle Hilfe holen?
Zögere nicht, professionelle Unterstützung zu suchen, wenn:
- …mentale, emotionale und körperliche Erschöpfung auch nach einer längeren Pause oder einem Urlaub bestehen bleiben. Kontaktiere in solchen Fällen deinen Hausarzt oder suche den Kontakt zu einem Psychotherapeuten oder Coach.
- …negative Gedanken überwiegen und du an Dingen keine Freude mehr hast, die dir normalerweise Spaß machen.
- du eine zunehmende Reizbarkeit und einen Rückzug aus sozialen Beziehungen bemerkst.
Du möchtest die Signale deines Körpers besser verstehen?
Wenn du spürst, dass es Zeit ist, auf die Bedürfnisse deines Körpers zu hören und einen gesunden Umgang mit Stress und Erschöpfung zu lernen, bin ich gerne für dich da.
Als Psychotherapeutin und Coach unterstütze ich dich dabei, deine innere Balance wiederzufinden und präventiv zu handeln.
- Vereinbare ein unverbindliches Erstgespräch: Lass uns gemeinsam schauen, wie ich dich auf deinem Weg unterstützen kann. Schreib mir gerne.
- Entdecke Achtsamkeit für dich: Erfahre mehr über meine MBSR-Kurse und lerne effektive Methoden zur Stressreduktion. Zu den Kursinfos.